Über Die L0GE

Angestiftet von unmöglich gewordenen Theatervorstellungen folgt Die LOGE, bestehend aus Clara Kaiser und Mathilda Kochan, seit Anfang 2020 ihren Impulsen Begegnungsmomente im Oldenburger Stadtraum zu schaffen. Das freie Theaterkollektiv verhandelt durch seine künstlerischen Interventionen in den (Stadt-)Alltag die Frage nach Leerstandnutzung und bricht dafür mit gewohnten Strukturen innerstädtischer Raumkultur.

Die Loge schafft neue Zugangsflächen zur Rezeption von Kunst und das an Orten, die meist von Hektik und Konsum geprägt sind. Völlig unvermittelt stoßen Passant:innen an unüblichen Plätzen auf temporäre künstlerische Rauminszenierungen, die eine persönliche Auseinandersetzungen fordern. Dafür fokussiert sich diese Kunstform explizit auf die Ansprache einzelner Zuschauer:innen und verleiht ihnen dadurch eine entscheidende Rolle innerhalb des künstlerischen Prozesses. Ihre Perspektive wird von Beginn an mitgedacht und Werke für eine individuelle Erfahrbarkeit konzipiert. Diese Herangehensweise fordert dazu auf Inne zu halten und erzeugt Interaktion mit der eigenen Haltung. So werden private Räume inmitten einer trubeligen Stadt zugelassen, welche voyeuristisches Interesse wecken und gleichzeitig mit Unbehagen, diese auch allein zu betreten, interagieren. Vorhandene Schwellenängste werden von der Loge aufgegriffen und ihre Inszenierungen ermöglichen häufig ein verstecktes Betreten oder unbeobachtetes Teilnehmen.

Geschaffen werden künstlerische Begegnungen an unbeständigen Orten, der Anspruch auf nicht eingeplante Zeit, die Aufforderung das Experiment zu betreten und sich dabei den eigenen Emotionen und Wahrnehmungen zu stellen. Dadurch kommunizieren die raumimmanenten Arbeiten auf spezifische Weise mit den Zuschauer:innen und stellen eine direkte Verbindung zwischen Kunstwerk und Rezipient:in her. Die individuellen Reaktionen auf die Arbeiten werden durch Beobachtungsprozesse gesammelt und vervollständigen die Inszenierungen der Loge. All das geschieht ohne Leistungsanspruch, diverse Themen werden ästhetisch inszeniert, ohne dabei einen strengen Verhaltenskodex zur Nutzung der Orte vorzugeben. Es kann getanzt, gelacht, geweint, geschwiegen oder protestiert werden. Es handelt sich um temporäre Stadt-Oasen, welche Erholungsmomente durch experimentellen Anspruch, Herausforderung und Verlagerung des Interesses erzeugen. Sich darauf einzulassen plötzlich allein zu sein, ermöglicht dabei eine geistige und körperliche Pause und bildet andere Zugangsflächen zur Umgebung.

Die Loge bewegt sich in ihrem künstlerischen Prozess zwischen vorhandenen Ideen, die ihre Umsetzbarkeit in freien Räumen finden, und Inspirationen durch Impulse räumlicher Gegebenheiten. Bestandteile jeweiliger Orte werden grundsätzlich einbezogen oder dienen sogar als Ausgangspunkt für sich daran orientierende Inszenierungen.

Dieses nachhaltige Konzept reagiert auf wechselnde, leerstehende Räume innerhalb Oldenburgs. Dabei handelt es sich um Orte, die sich bewusst nicht vollständig etablieren können, denn ihr Leerstand ist immer zeitlich begrenzt. Die Inszenierungen der Loge tauchen daher unspezifisch und plötzlich auf und verschwinden nach ein paar Wochen genau auf diesem Wege auch wieder. Das stetige Verschwinden zieht einen Bogen zu der sehr lebendigen Interaktion der Darbietungen: Nichts kann langfristig festgehalten werden, es handelt sich um fluide und bewegliche Formen und Orte, genau auch wie die individuellen Reaktionen auf sie. Das verleiht den Arbeiten eine sehr menschenorientierte Note und sie verbinden sich trotz Irritationspotential fast auf natürliche Weise mit dem öffentlichen Leben. Als Widerspruch, als Idee, als Impuls, als Frage, als Verarbeitung, als Hinterfragung. Eine Zwischenzone, welche zulässt Dinge anders oder neu zu sehen.

Text: Saskia Benthack